Wenn zur Baugeschichte der 36. Mittelschule / 37. Grundschule Aussagen getroffen werden, lohnt es sich im Allgemeinen auf die wesentlichen Merkmale der historischen Entwicklung des Ortes Löbtau, in dem die Schule vorzufinden ist, einzugehen.
Der Ort Löbtau durchlief eine für die Dresdner Vorstädte recht typische Entwicklung. In der Zeit von 1840 bis 1900 wurde aus dem Bauerndorf eine Industriegemeinde. Die Platzdorfanlage von Löbtau war slawischen Ursprungs. Altlöbtau lässt die dörfliche Anlage noch erkennen. Nur wenige Zeugen ländlicher Bauweise sind bis heute erhalten geblieben. Entlang der Weißeritz und am Mühlgraben entwickelte sich ein bedeutendes frühindustrielles Ballungszentrum. Der Löbtauer Fabrikant Bramsch und der in den Jahren von 1856 -1863 tätige Gemeindevorsteher Ludwig trieben durch Landaufkäufe die Ansiedlung von gewerblichen Unternehmen voran, die durch die Gewerbefreiheit von 1862 und das Ortsgesetz von 1878 weiter begünstigt wurden. Es entstanden die ersten Fabriken und im Zeitraum von 1858 bis 1877 auch die ersten Löbtauer Arbeiterwohnsiedlungen. 1874 gab es in Löbtau nur noch vier Bauernhöfe. Weitere Betriebe entstanden und trugen immer mehr zur Industrialisierung des Löbtauer Gebietes bei. Die Folgen der Industrialisierung waren eine Art Bevölkerungsexplosion. Löbtau nahm demzufolge kontinuierlich an Größe zu und nahm schon bald den 6. Platz unter den größten Ortschaften des damaligen Königreiches Sachsen ein.
Das Löbtauer Schulwesen begann sich um 1770 zu entwickeln. 1874 entstand die Schule an der Gröbelstraße, die 1945 durch Bomben zerstört wurde, wie auch einige andere Schulen, die in den Folgejahren erbaut wurden. Unter Schuldirektor Friedrich Traugott Uhlig konnte sich das sehr mangelhafte Löbtauer Schulwesen zu einem in Sachsen vorbildlich anerkannten entwickeln, denn bis 1900 gehörten zur Gemeinde lediglich zwei Bezirksschulen, die den explosionsartig gestiegenen Einwohnerzahlen schon sehr bald nicht mehr standhalten konnten. Schon am 23.02.1900 fasste der Gemeinderat den offiziellen Beschluss eine weitere Bezirksschule, die heutige 36. / 37. Oberschule auf dem Flurstück Nr. 98 zu errichten. Bereits im Frühjahr 1902 konnte sie teilweise eingeweiht werden. Mit 36 Klassen und insgesamt 1446 Kindern (Stand: 01. Juni 1902) spiegelte die dritte Bezirksschule auf der damaligen Herbertstraße (heute: Emil-Ueberall-Straße) das typische Bild des aus dem wirtschaftlichen Aufschwung hervorgehenden damaligen „Schulbaubooms“ wider.
Mit all ihren Raffinessen, ihrer großzügigen Ausführung und der damals vorherrschenden handwerklichen hohen Qualität der Bauausführung stellte diese „einfache“ Bürgerschule ein Wahrzeichen des Ortes Löbtau dar - eine Art (geistiges) Zentrum, mit dem sich die Bevölkerung identifizieren konnte.
Die Schule wurde nach den Vorbildern der von Hans Erlwein errichteten Gebäude gebaut. Der im Jahre 1872 geborene Architekt war der damalige Leiter des Hochbauamtes in Dresden. Er errichtete während seiner zehnjährigen Amtstätigkeit am Anfang des 20. Jh. in Dresden etwa 50 Gebäude. Die meisten seiner Bauwerke sind wie auch die 37. Grundschule / 36. Mittelschule im westlichen Teil der Stadt vorzufinden. All diese Bauten, einschließlich des von uns gewählten Objekts, wurden nach den Kriterien „Zweckmäßigkeit, Klarheit, Schlichtheit und Anpassung an die Umgebung“ erbaut. Erlwein war beispielsweise für den Bau des „Vieh- und Schlachthofs“ im Ostragehege (1906 bis 1910), die „Gasanstalt Reick“ (1907 bis 1908), die Umgestaltung des Inneren der Sophienkirche sowie des „Erlweinspeichers“ (1913 bis 1914), die Gaststätte "Italienisches Dörfchen" (1911 bis 1913) am Theaterplatz sowie den Artesischen Brunnen (1905 bis 1906) am Albertplatz verantwortlich.
Erlwein war ein Architekt des Jugendstils, mit dem er sehr erfolgreich den Historismus der vergangenen Jahrzehnte aus Dresden verdrängte. Er war also gegen das damalige übliche Nachbauen von historischen Vorbildern. Dies ist nicht verwunderlich, denn Hans Erlwein hatte in München studiert, welches bekanntlich als Hochburg des Jugendstils galt. Aber auch diese interessante Geschichte des Gebäudes konnte nichts an den Tinte Flecken an den Wänden und Decken des derzeitigen Schulgebäudes ändern.